h2h4 > Maerchenliste <
Eine Lüge ist wie ein Schneeball. Je länger man ihn rollen läßt, desto größer wird er.

Martin Luther

Märchenliste

Von interessierter Seite wird versucht, uns Verhartzten und dem Rest der Welt einen Haufen ! !@#$%^&* über die ganze Sache zu erzählen.

Hier soll einigen Elementen davon widersprochen werden.

Wie immer ohne Anspruch auf Vollständigkeit!

  • Wer Arbeit will, findet auch eine.

Man beobachtet im Alltag zum Beispiel mehrere Erwerbslose, die unterschiedlich "motiviert" scheinen. Der "Motivierteste" findet irgendwann eine Stelle. Doch dies ändert ja nicht das Zahlenverhältnis zwischen Erwerbslosen und offenen Stellen!

Natürlich suchen Personalabteilungen diejenigen Bewerber aus, die am "motiviertesten" wirken, neben anderen Kriterien. Doch wenn alle Erwerbslosen gleich stark "motiviert" wären, würde man eben nach anderen Kriterien auswählen.

Es ist ein Märchen, daß Arbeitsplätze durch das "Wollen" der Bewerber entstehen. Das ist magisches Denken.

  • Die Arbeitslosigkeit sinkt, es geht aufwärts.

Was steigt, ist in erster Linie der Abbau von richtigen Arbeitsplätzen zugunsten von Minijobs, Praktika, befristeter Beschäftigung, Zeitarbeit und Werkverträgen.

  • Die Kinderarmut ist auch gesunken, dank der Arbeits- und Sozialpolitik.

Nein, nur die Zahl der Kinder ist gesunken. Die Kinderarmut liegt konstant bei ca. 15%.

  • Zeitarbeit ist ein Jobmotor.

In Wirklichkeit ist Zeitarbeit erstens kein Jobmotor, sondern ein Fluktuationsmotor, zweitens wissen das die Verantwortlichen ganz genau, wie aus ihren eigenen veröffentlichten Statistiken hervorgeht, und drittens zerstört die Zeitarbeit sogar richtige normale Arbeitsplätze.

  • Das JC versucht, Dich in Arbeit zu bringen.

Nein, dem Amt ist es egal, auf welche Weise Du aus dem Leistungsbezug kommst. Wenn Du Glück hast, ist es Deinem Sachbearbeiter nicht egal, ob er Dich in den ersten Arbeitsmarkt bringt oder durch Schikanen aus dem Leistungsbezug drängt. Doch die Institution ist darauf ausgerichtet, jedes Mittel zu nutzen, um die auszuzahlenden Sozialleistungen zu verringern. "Wer glaubt, daß ein Arbeitsvermittler Arbeit vermittelt, der glaubt auch, daß ein Zitronenfalter Zitronen faltet."

  • Viele Arbeitslose sind faul und müssen aktiviert werden. An die kommt man nicht ran ohne Sanktionen.

In Wirklichkeit macht es die Motivation sogar nachhaltig kaputt, wenn sich dauernd jemand einmischt. um so schlimmer ist der Effekt, wenn auch nch dauernder Druck dazukommt.

  • Es ist schlecht, wenn die Leute sich in der Erwerbslosigkeit einrichten.

In Wirklichkeit gibt es für zehn Arbeitslose nur einen Job. Was sollen die anderen neun machen? Sich jahrelang sinnlos die Hacken abrennen oder der Realität ins Auge sehen und eben irgendwie ohne Job klarkommen? Realistisch gesehen, wollen die meisten Menschen von Sozialleistungen unabhängig sein, und es werden niemals neun von zehn Erwerbslosen überhaupt bereit sein, sich in der Erwerbslosigkeit einzurichten.

  • Die Arbeitslosigkeit ist eben belastend. Deswegen sind so viele Arbeitslose psychisch krank, und deshalb ist die Selbstmordrate auch viel höher als in der Gesamtbevölkerung.

Mit Sicherheit ist es für erwachsene Menschen belastend, wenn ihnen die Möglichkeit genommen wird, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen und selbst für sich zu sorgen.

Doch in Wirklichkeit wird den Menschen noch viel mehr genommen. Die massive Hetze gegen Erwerbslose, und daß sie für den Abbau von Stellen verantwortlich gemacht werden, den sie nicht verursacht haben und an dem sie nichts ändern können, nimmt dem einzelnen Erwerbslosen das persönliche Ansehen.

Die endlosen Schikanen der Ämter unter dem Deckmantel der "Verringerung der Hilfebedürftigkeit", der "Mitwirkungspflicht" und der angeblichen "Integration in den ersten Arbeitsmarkt" nehmen nicht nur die Lebensfreude, sondern auch jede Chance auf wirkliche Integration.

Die Märchen, die landauf, landab erzählt werden, um dies alles zu rechtfertigen, nehmen den Betroffenen die Chance, ihre Lebenswirklichkeit realitätsnah zu kommunizieren.

Das dauernde Androhen von Sanktionen und Leistungsentzug vermittelt Erwerbslosen den Eindruck, nur bedingt existenzberechtigt zu sein.

Viele heutige Erwerbslose hatten keine Chance auf richtige Schul- und Berufsbildung, bevor sie keine Chance auf dem Arbeitsmarkt hatten. Plötzlich sollen sie an ihrer Erwerbslosigkeit selber schuld sein.

Last but not least wird Erwerbslosen das Recht abgesprochen, sich realistisch auf ihre gegenwärtige Lage einzustellen ("in der Arbeitslosigkeit einrichten"), sondern sie sollen immer in einer phantasierten Zukunft als Erwerbstätige leben, die für manche niemals kommt.

Diese Dinge zu ignorieren und die ganze Belastung auf die Arbeitslosigkeit an sich zu schieben, ist bewußte Täuschung.

  • Die Arbeitslosigkeit ist belastend für Beziehungen und Familien.

Es ist sicher richtig, daß Arbeitslosigkeit und Armut eine Belastung für die menschlichen Beziehungen darstellt. Zum Märchen wird diese Behauptung dadurch, daß von der zusätzlichen, unnötigen Belastung abgelenkt wird, die das JobCenter den Familien und Bedarfsgemeinschaften aufbürdet.

Wer in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, dem wird zuerst mal Geld abgezogen. Dies obendrein ungleich verteilt: eine Person erhält den vollen Regelsatz, allen weiteren wird zehn Prozent abgezogen. Zweitens Raum zum Leben. Als Single hat man Anspruch auf etwa 40 qm, jeder weitere Angehörige einer BG bekommt nur 15 qm. Dazu kommt die Schnüffelei des JobCenters?. Der von Hartz IV Betroffene soll Angaben über alle Personen machen, mit denen er zusammenlebt, die das JC gar nichts angehen, zu denen er gar nicht berechtigt ist und die anderen Anghörigen oder Mitbewohner nicht verpflichtet sind.

Das SGB unterstellt auch, daß der Betroffene Leistungen zu seinem Lebensunterhalt erhält von Personen, die ihm gar nicht dazu verpflichtet sind.

Es liegt auf der Hand, daß Verhartzten oft nichts anderes übrigbleibt, als alleine zu leben.

Davon abgesehen findet der Kontakt zum JC unter dauernder Drohung von Sanktionen statt. Dies betrifft dann jeweils die gesamte Bedarfsgemeinschaft, weil man ja seine Angehörigen beim Essen nicht neben dem Tisch stehen läßt. Das kann bis in die Kosten der Unterkunft reingehen, so daß bei einer Sanktion oder sonstigem Leistungsentzug, z.B. wegen unterstellter fehlender Mitwirkung oder weil man angeblich dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht, gleich das ganze Mietverhältnis, die Zahlungen für Strom und Gas etc. in Frage steht.

  • Es ist normal, eine EGV mit Rechtsfolgenbelehrung zu unterschreiben, alle machen es.

In Wirklichkeit zeigen die Schulungsunterlagen für Sachbearbeiter, daß es normal ist, gegen die Rechtsfolgenbelehrung Vorbehlte zu haben. Die Rechtsfolgenbelehrung, die man im Zuge der Eingliederungsvereinbarung unterschreiben soll, bedeutet nämlich einen massiven wirtschaftlichen Nachteil für den Erwerbslosen, weil sie eine Grundlage bietet, zu sanktionieren, wo der Gesetzgeber keine Sanktionen vorsieht. Die Sachbearbeiter werden genau wie eine Drückerkolonne darauf geschult, diese Eingliederungsvereinbarungen als etwas ganz Tolles darzustellen.


Quellen und Weiterführendes


Alle im Bereich h2h4 veröffentlichten Texte sind weiterentwicklungsfähige Ergebnisse kollektiver Bemühungen der Autorinnen und Autoren. Alle Angaben ohne Gewähr.

 
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